Montag, 18. Februar 2013
Zerlinas Kitschalphabet - A wie "Angélique"
Der Untertitel diese Blogs lautet "Von Angélique bis Zuckerwatte", daher will ich meinen ersten Eintrag in alphabetischer Reihenfolge beginnen. Eben mit A wie



Ich weiß nicht,wie es jüngeren Menschen geht, aber Leute meiner Generation kamen kaum vorbei an dieser Mutter aller historischen Romane.
Geschaffen von dem Schriftsteller-Ehepaar Anne und Serge Golon schläf sich das "Mädchen mit dem goldkäferfarbenen Haar" seit 1956 und 13 Romanbände lang durch die Betten Frankreichs. Sie erlebt amoureuse und sonstige Abenteuer am Hof des Sonnenkönigs Louis XIV, wird Zeugin der Anfänge der berühmten Giftaffaire von Paris um Marie-Madeleine de Brinvilliers, heiratet zweimal, bereist das Mittelmeer wo sie zuerst in die Hände eines geheimnisvollen Piraten, dann als Konkubine in einen orientalischen Harem gerät. Angélique zettelt einen Bauernaufstand an, landet in der Neuen Welt wo sie gegen eine dämonische Rivalin und fanatische Jesuiten kämpfen muß und erobert schließlich die Provinz Quebec durch die Macht ihrer Schönheit.
Und dies sind nur einige Stationen ihrer hanebüchenen Vita. Daß sie außerdem am laufenden Band wichtigen historischen Persönlichkeiten begegnet und in nahezu jedes bedeutende Ereignis ihrer Epoche verwickelt ist, versteht sich von selbst und sei nur am Rande erwähnt.
"Angélique" ist genau die Literatur, vor der Elke Heidenreich (by the way: alles Gute zum 70.!) uns völlig zu recht warnt, und die sie als junges Mädchen nach eigenem Bekenntnis dennoch voller Begeisterung verschlungen hat.
Genau wie ich.
Ich möchte sie nicht missen, die mit der schönen Französin und einer großen Schachtel Pralinen verbrachten Lesestunden, auf dem Schoß eine getigerte Katze...
Eines muß man den Büchern lassen: wenn sie auch Kitsch in Reinkultur sind, so sind sie dennoch überaus gut recherchiert, vor allem der dritte Band "Angélique und der König" gibt das zeremonielle Leben in Versailles historisch genau wieder. Zeremonien wie das legendäre Lever du Roi werden ausführlich und zutreffend geschildert und sind auch unabhängig von der Liebes- und Abenteuergeschichte interessant zu lesen.
Mehr als eine Leserin wird durch diese Romane begonnen haben, sich für diese spannende Epoche der französischen Geschichte zu interessieren.
Jedoch: ab einem gewissen Alter verlieren die Romane dann doch an Reiz, mein vor einigen Jahren gestarteter Versuch, den alten Zauber neu aufleben zu lassen ist zumindest kläglich gescheitert, und ich mußte erkennen, das bestimmte Bücher nur für eine bestimmte Lebensphase gedacht sind.
Wer es aber einmal damit versuchen will, hier die Romantitel in der klassischen Reihenfolge:

Angélique (Band 1 & 2)
Angélique und der König (Band 3)
Unbezähmbare Angélique (Band 4)
Angélique die Rebellin (Band 5)
Angélique und Ihre Liebe (Band 6)
Angélique und Joffrey (Band 7)
Angélique und die Versuchung (Band 8)
Angélique und die Dämonin (Band 9)
Angélique und die Verschwörung (Band 10)
Angélique die Siegerin, Goldmann (Band 11)
Angélique und die Hoffnung (Band 12)
Angélique triumphiert (Band 13)

Der letzte Roman erschien im Jahr 1985.



Ich würde es gerne vermeiden, aber der Vollständigkeit halber muß es erwähnt werden: ab 1964 kam die Saga auch auf die Kinoleinwand. Die fünf Filme konzentrieren sich vor allem auf die erotischen Abenteuer der Heldin und werden den Büchern m.E. in keiner Weise gerecht. Sie sind eigentlich nur eines: so grauenhaft daß es kaum zum aushalten ist. Michèle Mercier ist in der Rolle ihres Lebens trotz 70er-Jahre Make Up hübsch anzusehen, aber das rettet die Serie auch nicht, sie ist gemacht wie eine ganz schlechte Insznierung einer ganz schlechten italienischen Oper und mehr als einmal unfreiwillig komisch.
Dennoch hier ein paar Auszüge.
Wie sagt ein User bei Youtube so treffend?
"Robert Hossein klingt wie ein Tageschausprecher der 70er Jahre"
http://www.youtube.com/watch?v=Y-xZuCtVQbw
http://www.youtube.com/watch?v=ckof4yim4to
http://www.youtube.com/watch?v=d-K33Ogg1WI

Und wer schon immer mal wissen wollte, wie ein Goldkäfer aussieht, hier ist er:

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